Die Szene auf Seite 7 ist nicht an eine wahre Begebenheit angelehnt. Sie soll verdeutlichen, dass Amenophis IV. schon als Kind ganz ungewöhnliche Leistungen vollbracht haben muss. Ich stelle mir vor, dass jemand, der bis Mitte 30 eine komplette Stadt entworfen und aufgebaut hat, eine neue Kunstrichtung erfunden und eine völlig neue Philosophie entworfen hat, schon in der Schule zumindest irgendwie besonders gut gewesen sein musste. Aber ein solches Genie kommt auch in den besten Familien wahrscheinlich nur einmal vor. Von daher wird der Kronprinz wohl erstens nicht die gleichen Leistungen erbracht haben und zweitens diesen Fakt durch Rohheit kompensiert haben. Schließlich sollte ja er und nicht Amenophis IV. den Thron erben. Da muss ihn die geistige Überlegenheit seines jüngeren Bruders doch gefuchst haben.
Tatsächlich wird Echnaton, der als Kind ja noch Amenophis IV. war, in der Kunst und Literatur eher als schwächlicher, „verkopfter“ und „verweiblichter“ Mensch dargestellt wie z.B. in Nagib Machfus‘ Erzählung „Echnaton“. Das liegt wohl an seiner geistigen Größe und sicher auch an der Selbstdarstellung Echnatons. Er verfügte darüber, dass er oft verzerrt und in merkwürdigen Proportionen dargestellt wurde. Allerdings ist zu bezweifeln, ob dies eine Darstellungsart sein sollte, die der Realität entsprach. Schlögl (1986) weist darauf hin, dass die ägyptische Kunst „zu keiner Zeit … veristische oder realistische Zeugnisse hervorgebracht“ habe – und vergleicht die symbolische Kraft Echnatons Bilder mit der Kunst Picassos: „Welche Erkenntnis brächte denn zum Beispiel eine medizinische Analyse von Pablo Picassos Gemälde ‚Les Demoiselles d‘Avignon‘?“
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